Dr. Andreas Klemenz
Um Reibung und Verschleiß zu verringern, werden häufig Öle und Fette zur Schmierung verwendet. Bei einigen Anwendungen, wie z. B. der Lebensmittelverarbeitung, können diese jedoch nicht eingesetzt werden. Stattdessen kommen in solchen Fällen oft Trockenschmierstoffe wie Graphit oder MoS2 zum Einsatz. Neben diesen etablierten Materialien können auch Beschichtungen aus Kohlenstoffnanoröhren (Carbon Nanotubes, CNTs) eingesetzt werden. Dies ist jedoch ein relativ neuer Ansatz und das Verhalten von CNT-Beschichtungen unter tribologischer Belastung wurde bisher kaum untersucht. In den vergangenen Jahren wurden derartige Schichten daher mit Hilfe von Experimenten und atomistischen Simulationen in einem Gemeinschaftsprojekt mit der Universität des Saarlandes untersucht.
Neben einer Verringerung der Reibung wurde in den Experimenten beobachtet, dass bereits bei relativ geringen Drücken nach einiger Zeit eine Degeneration der CNTs eintritt und die reibungsmindernde Wirkung der Beschichtungen verloren geht. CNTs weisen eine hohe mechanische Stabilität auf, so dass sich die Frage stellt, warum es überhaupt zu einer Schädigung kommt und über welche Mechanismen sie abläuft. Um diesen Fragen nachzugehen, wurden Beschichtungen von CNTs unter tribologischer Belastung mittels klassischer Molekulardynamik untersucht (Abb. 1). Dabei stellte sich heraus, dass sowohl die Struktur der CNTs selbst, als auch die Struktur der Schichten einen maßgeblichen Einfluss auf das Verschleißverhalten haben. Der Durchmesser und die Anzahl der inneren Wände in einer mehrwandigen CNT bestimmen ihre mechanische Stabilität und damit auch ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber tribologischen Belastungen. Je größer die Anzahl der inneren Wände ist, desto stabiler ist die einzelne CNT. Ein Vergleich zwischen den atomistischen Simulationen und den Experimenten zeigte klar, dass die einzelnen CNTs eine zu hohe mechanische Stabilität besitzen, um den Verschleiß der Schichten mit den Eigenschaften der einzelnen CNTs erklären zu können. Dieser hat seine Ursache stattdessen in der Anordnung der CNTs in den Beschichtungen. Typischerweise haben diese eine relativ offene Struktur, in der die CNTs stark verknäuelt sind. Dies führt dazu, dass an den Kreuzungspunkten der CNTs bereits bei relativ geringen makroskopischen Drücken hohe lokale Drücke anliegen, die ausreichen um die CNTs zu schädigen.
Auf der Basis der Simulationsergebnisse konnten die makroskopischen Drücke berechnet werden, ab denen eine Degradation der CNTs auftreten sollte. Die berechneten Werte wiederum zeigten eine gute Übereinstimmung mit den tatsächlich im Experiment bestimmten Drücken. Darüber hinaus zeigten detaillierte Elektronenmikroskopische Untersuchungen der experimentellen Beschichtungen eine sehr gute Übereinstimmung mit den Vorhersagen des CNT-Schädigungsprozesses aus den Simulationen. Insgesamt ermöglichen die erzielten Ergebnisse ein tieferes Verständnis der Degradationsmechanismen von CNT-Schichten unter tribologischer Belastung.
Weitere Details können der Originalpublikation entnommen werden [1].
[1] MacLucas, T.; Klemenz, A.; Grünewald, P. ; Presser, V.; Mayrhofer, L.; Moras, G.; Suarez, S.; Dienwiebel, M.; Mücklich, F.; Moseler, M., Multiwall carbon nanotubes for solid lubrication of highly loaded contacts, ACS Applied Materials & Interfaces 6/3 (2023) 1755-1769 Link