Reibung von Wasserstoff- und Fluorterminierten Kohlenstoffschichten wird durch sterische Effekte bestimmt
Thomas Reichenbach, Dr. Leonhard Mayrhofer, Prof. Dr. Michael Moseler, Dr. Gianpietro Moras
Um Reibung in mechanischen Komponenten zu reduzieren, wird derzeit eine Verringerung der Viskosität des verwendeten Schmierstoffs angestrebt. Dies wiederum kann Grenzreibung begünstigen. Daher müssen Möglichkeiten ausgelotet werden, um hohe Reibung in diesem Reibbereich zu vermeiden. Ausgezeichnete Ergebnisse wurden durch die Verwendung von Diamant- und diamantähnlichen Kohlenstoffschichten (DLC) in Kombination mit Additiven erzielt, die eine chemische Passivierung der Oberflächen gewährleisten und somit die Bildung starker kovalenter Bindungen über den subnanometer-großen tribologischen Spalt verhindern. Die oberflächenchemische Passivierung wird typischerweise durch Wasserstoffatome, Hydroxylgruppen und/oder aromatische Kohlenstoffstrukturen erreicht.
Eine vielversprechende Alternative für die Passivierung von Kohlenstoff-Bindungen ist Fluor. Wie Wasserstoff bietet dieser die Möglichkeit einer monoatomaren Passivierung der reaktiven Stellen der Oberfläche, jedoch mit höher chemischer Stabilität. Ob und unter welchen tribologischen Bedingungen die Substitution von Wasserstoff durch Fluor für die Reibung von Diamant und DLC von Vorteil ist, ist noch umstritten. Darüber hinaus sind die möglichen Ursachen des unterschiedlichen Reibungsverhaltens der H- und F-Oberflächenpassivierungen kontrovers. In diesem Zusammenhang gibt es eine Reihe von Hypothesen in der Literatur, die auf den unterschiedlichen Eigenschaften der H- und F-Atome basieren: (i) F ist schwerer als H; (ii) im Gegensatz zu C-H-Bindungen sind C-F-Bindungen polar; (iii) F hat eine größere räumliche Ausdehnung als H.
In dieser Arbeit verwendeten wir quantenmechanische Dichtefunktionaltheorie-Simulationen, um ein rechnerisch effizientes interatomares Kraftfeld für molekulardynamische Simulationen von H/F-terminiertem Diamant und DLC zu entwickeln. Das interatomare Potential kann die elastischen, elektrostatischen und die Vibrationseigenschaften der Systeme sowie die Dispersionswechselwirkungen und die kurzreichweitige Pauli-Abstoßung, die die Größe der Atome definiert, genau beschreiben. Unsere Simulationen zeigen, dass die Reibung in H/F-terminierten Diamant- und DLC-Systemen mit der Welligkeit der Kontaktpotentialenergie korreliert, womit sich eine bedeutende Rolle der H/F-Masse bei der Reibung ausschließen lässt. Entscheidend ist, dass die Welligkeit der Kontaktpotentialenergie und damit die Reibung vollständig von der Größe der H/F-Atome und der Länge der C-H/C-H-Bindungen bestimmt werden. Elektrostatische Wechselwirkungen zwischen Oberflächen spielen hingegen eine untergeordnete Rolle.
Aus den Ergebnissen geht hervor, dass, um möglichst geringe Reibung zu erhalten, die chemische Struktur von H/F-terminierten Kohlenstoffbeschichtungen so gestaltet werden sollte, dass die geometrische atomare Welligkeit der tribologischen Grenzfläche minimiert wird. Unsere Simulationen deuten darauf hin, dass, wie in Abbildung 1 dargestellt, bei flachen, kristallinen Diamantoberflächen die Reibung mit steigendem F/H-Anteil abnimmt. Interessanterweise sind 40% F in inkommensurablen Kontakten ausreichend, um die Reibung erheblich zu verringern. Bei DLC-Oberflächen erweist sich das Problem als komplizierter, da die intrinsische atomare Rauheit des amorphen Materials und die Dichte der Terminierungen eine zusätzliche Rolle spielen. Vorläufige Simulationen zeigen, dass die Fluorierung von amorphen Kohlenstoffoberflächen nicht zwangsläufig vorteilhaft für die Reibung ist und zu höheren Reibwerten führen kann als bei H-terminierten DLC-Oberflächen (siehe Abbildung 2). Weitere Untersuchungen sind erforderlich um die Rolle der spezifischen atomaren Struktur der amorphen Kohlenstoffoberflächen zu verstehen, die je nach DLC-Beschichtung variieren kann.