Diamant-SiC-Komposite für Gleitlager in SubSea-Anwendungen
Dr. Andreas Kailer
Für Unterwasseranwendungen werden höchststabile Werkstoffe und Komponenten gebraucht
Neue Technologien, insbesondere auch die Elektromobilität, führen zu einem rasant steigenden Bedarf an Ressourcen, deren Versorgungssicherheit aus verschiedenen Gründen immer kritischer wird. Daher gewinnen Technologien rasant an Bedeutung, mit denen Rohstoffe ökonomisch und umweltschonend aus dem Meer gefördert werden können. Eine große Herausforderung ist dabei die Absicherung störungsfreier Abläufe, da durch Stillstand, Wartung und Reparatur mariner Anlagen und Systeme enorme Kosten verursacht werden. Daraus resultiert der dringende Bedarf an Werkstoffen und Komponenten, die unter extremen Bedingungen zuverlässig funktionieren und möglichst nicht gewartet werden müssen.
Schlüsselkomponenten sind in solchen SubSea-Systemen häufig Lagerungen und dynamische Dichtungen, da diese zusätzlich hohen Reibungs- und Verschleißbeanspruchungen ausgesetzt sind.
Für derartige Einsatzbedingungen wurden im Rahmen einer Fraunhofer-Vorlaufforschung Werkstoffe und Komponenten mit größtmöglicher Verschleißbeständigkeit und Dauerfestigkeit entwickelt. Aufgabe des Fraunhofer IWM war dabei die Untersuchung und Modellierung der Werkstoffe und Komponenten hinsichtlich Festigkeit und Zuverlässigkeit sowie der tribologischen Eigenschaften – Reibung und Verschleiß – in korrosiven Medien.
Warum Diamant-SiC-Keramiken?
Diamant-SiC-Werkstoffe (SiC: Siliciumcarbid) sind extrem belastbar und verschleißbeständig. Sie zeigen weder korrosive Effekte noch zeit- oder belastungsabhängige Abnahme der Festigkeit. Wie sich die Festigkeit verschiedener Keramiken unter dem Einfluss von erwärmtem Salzwasser verändert, wurde am IWM mit 4-Punkt-Biegeprüfungen und mit einer biaxialen Prüfung („Ball-on-3-Balls“ – B3B) getestet. Bei einer Variation der Belastungsrate über mehrere Größenordnungen kann aus der Veränderung der Festigkeit die Empfindlichkeit der Werkstoffe gegen Spannungsrisskorrosion ermittelt werden. Hierbei zeigte sich, dass die Festigkeit der Diamant-SiC-Keramik von der Belastungsrate unabhängig ist und somit keine Verringerung der Festigkeit über die Belastungsdauer zu erwarten ist.
Reibungs- und Verschleißverhalten unter Wasserschmierung
Ein weiterer entscheidender Vorteil der diamanthaltigen Keramiken ist deren exzellentes Reibungs- und Verschleißverhalten unter Wasser- und Medienschmierung. In Modell- und ersten Bauteilversuchen mit Gleitringdichtungen wurde gezeigt, dass sie um ein Vielfaches abrasionsbeständiger sind als andere Keramiken, Hartmetalle und Stahl (Bild 1) und dass die Gleitreibung auch unter sogenannter Mangelschmierung, d.h. nur geringsten Mengen an flüssigen Zwischenstoffen, extrem niedrig und stabil ist. Der Vergleich der Oberflächen zeigt, dass durch die Gleitbeanspruchung in Wasser lediglich eine leichte Einglättung der nach der Endbearbeitung leicht herausragenden Diamantkörner verursacht wurde (Bild 2).
Simulation des Werkstoff- und Bauteilverhaltens
Im Rahmen der Fraunhofer-Eigenforschung wurden Simulationsmethoden entwickelt, mit denen die Werkstoff- und Bauteilbeanspruchung modelliert werden kann. Einerseits können Spannungen im Werkstoffgefüge modelliert werden (Bild 3), andererseits kann die Simulation genutzt werden, um Bauteile richtig auszulegen und deren Zuverlässigkeit über die Beanspruchungsdauer abzusichern. Dadurch lässt sich ein erheblicher Aufwand für die Prüfung und Qualifizierung der Komponenten und Systeme einsparen. Mit neuen Simulationstechniken werden der Widerstand gegen Kontaktschädigung und Verschleiß simuliert, wodurch auch eine Vorhersage der Lebensdauer angestrebt wird.
Für die Entwicklung und Qualifizierung von Diamant-SiC-Werkstoffen und der daraus gefertigten Bauteile in SubSea-Anwendungen gibt es noch viel Arbeit, die in weiteren geplanten Entwicklungsprojekten mit Industriebeteiligung weiterverfolgt wird. Als mögliche Anwendungen werden beispielsweise Pumpenkomponenten wie mediengeschmierte Gleitlager und Gleitringdichtungen für Pumpen gewählt, die in SubSea-Systemen eingesetzt werden sollen.