Zuverlässige keramische Federn

© Fraunhofer IWM
Abbildung 1: S-N bzw. Wöhler Kurven von Schraubendruckfedern (SDF), 4-Punkt-Biege- (4-BP) und Torsionsproben wurden für die Siliziumnitridkeramik (SSN) bei 1000°C und auch im Vergleich zu RT aufgetragen. Die S0= 0 Werte zeigen die mittlere (weibullverteilt) quasistatische Festigkeit aus der Prüfung bzw. aus einer Umrechnung an.

Dr.-Ing. Christof Koplin

Insbesondere in den Nutzungsbereichen der Energietechnik und chemischer Anlagen besteht ein starkes Interesse an hochtemperaturstabilen und korrosionsfesten Federn, die über möglichst lange Zeiträume zuverlässig und wartungsfrei funktionieren sollen, ohne dabei ihre Eigenschaften zu verändern. Für die Funktion eines Federbauteils werden in der Praxis ein zuverlässiges Bauteilverhalten und ein unkritisches Reibverhalten zu Federaufnahmen und -führungen vorausgesetzt. Mit keramischen Werkstoffen lassen sich Federn herstellen, die bei sorgfältiger Auslegung ihre Stabilität und Elastizität weit über die Einsatzgrenze von metallischen Federn (550°C) hinaus bis zu sehr hohen Temperaturen erhalten und die darüber hinaus (je nach Werkstoff 800°C, z.B. Zirkonoxid, oder bis 1000°C, z.B. Siliziumnitrid, Siliziumkarbid, Aluminiumoxid) auch in chemisch aggressiven Medien einsetzbar sowie elektrisch isolierend und nichtmagnetisch sind. Weitere Vorteile können im Vergleich zu metallischen Federn technische Eigenschaften, wie eine Vermeidung von Energiedissipation, eine Reduktion der Federträgheit (hoher E-Modul bei geringer Masse) und eine minimale spezifische Federkonstante sein. Somit bieten sie das Potenzial, die Einsatzmöglichkeiten von verschiedensten technischen Systemen erheblich zu erweitern – bis hin zum Einsatz von unmagnetischen und elektrisch isolierenden Federn.

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Abbildung 2: Die Belastungsverteilung innerhalb einer Tellerfeder wurde gemäß der Beschreibung von Kobelev et al. über Anwendung der Shell-Theorie in Excel als innere Variable des Zuverlässigkeitsmodells berechnet, so dass ein federwegbegleitendes effektives Beanspruchungsvolumen berechnet wird, welches Grundlage für die statistische Berechnung der Festigkeit und des Versagensrisikos ist.

Im Rahmen einer Zusammenarbeit der Fraunhofer Institute IKTS und IWM wurden Schraubendruck- und Tellerfedern entwickelt und qualifiziert. Voraussetzung für die Etablierung am Markt war neben einer begleitenden Festigkeitscharakterisierung die Bereitstellung von spezifischen Auslegungstools für Schraubendruck- und Tellerfedern. Mit diesen werden die für den Konstrukteur nötigen Designauswahlschritte über eine für die Keramik notwendige Zuverlässigkeitsbewertung durch Ausfallwahrscheinlichkeit oder wahrscheinlicher Zyklenfestigkeit ermöglicht.

Die Demonstration der Herstellung und Eignung von Schraubendruckfedern und Tellerfedern aus Siliziumnitridkeramik ist hierbei gelungen. Mit der material- und geometriespezifischen Herstellungsmethode konnten in Kleinserien Federn mit einer dem Material zugewiesenen Ermüdungsfestigkeit (10 Mio. Zyklen) bei 1000°C abgeprüft werden. Neben hochtemperaturfestem Siliziumnitrid (SSN) wurde Zirkonoxid (ATZ) als hochfester keramischer Werkstoff verwendet. Dieser könnte sich insbesondere für den Einsatz in korrosiven Medien eignen. Die Untersuchung und Bewertung der Federn aus diesem Material ist Gegenstand weiterer Untersuchungen.

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Abbildung 3: Die zyklische Belastung von Tellerfedern und -paketen (hier von Zirkonoxidkeramik - ATZ) zeigt aufgrund der Kopf-, Fuß- und Führungsreibung ein hysteretisches Verhalten, welches mit zunehmender Federzahl pro Paket weniger sichtbar aber gleichermaßen schädigungsrelevant ist.

Im Anschluss an den Nachweis des zuverlässigen Bauteilverhaltens stehen nun in Folgeprojekten Schritte an, die insbesondere für Tellerfedern die Reibkontakte zu den Federaufnahmen und –führungen betreffen, und ebenso einer hochtemperatur- oder korrosionsbelasteten Umgebung standhalten.

Die Ergebnisse dieses Projektes werden demnächst in dem Tagungsband der TU Ilmenau, Steinbeis-Transferzentrum Federntechnik: Ilmenauer Federntag 2019 sowie in einem internationalen Journal veröffentlicht.

 

 

 

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