Biomimetischer Synthesekautschuk

© Fraunhofer IWM
Reifen mit Laufflächen aus BISYKA-Kautschuk

Dr. Raimund Jaeger

Natur- und Synthesekautschuk finden sich in vielen Produkten des täglichen Bedarfs. Beide Kautschuktypen haben ihre Vorzüge. Für Anwendungen, in denen der Kautschuk hohen Belastungen unterworfen wird (beispielsweise Reifen für Geländefahrzeuge, LKW oder Flugzeuge), ist Naturkautschuk wegen seiner hervorragenden mechanischen Eigenschaften unverzichtbar. Da Naturkautschuk durch eine Pflanze synthetisiert wird, weist er eine extrem hohe Gleichmäßigkeit in seiner Mikrostruktur auf. Diese Homogenität der Mikrostruktur ist der Schlüssel zu den außerordentlichen Eigenschaften des Naturkautschuks: unter Dehnung kristallisieren die Ketten, was zu einer Verstärkung des  Elastomers und zu höherer Festigkeit und Abriebbeständigkeit führt. Das Nachstellen der guten Eigenschaften des Naturkautschuks ist seit jeher das Ziel bei der Herstellung von Synthesekautschuk - bisher war es jedoch nicht möglich, die Homogenität der Mikrostruktur des Naturkautschuks auf künstlichem Wege zu erreichen: in einem chemischen Reaktor entstehen üblicherweise Polyisoprenketten mit einer unregelmäßigen Mikrostruktur, die die Kristallisation behindert. 

Neue Entwicklungen im Bereich von Katalysatoren und Erkenntnisse über den Einfluss von biologischen Begleitsubstanzen, die neben dem hochreinen Poly-cis-Isopren im Naturkautschuk enthalten sind, haben fünf Fraunhofer-Institute veranlasst, 2014 im Projekt „Biomimetischer Synthesekautschuk - BISYKA“ einen erneuten Versuch zu unternehmen, synthetischen Kautschuk herzustellen, der die außergewöhnlichen Eigenschaften von Naturkautschuk erreicht. 

Durch neue Übergangsmetallkatalysatoren ist es gelungen, am Fraunhofer IAP Polyisopren mit einer ausreichend hohen cis-Anteil zu synthetisieren. Parallel zur Entwicklung des Polyisoprens mit homogener Mikrostruktur wurden am Fraunhofer IME pflanzenspezifische Begleitstoffe des Löwenzahnkautschuks identifiziert, die die dehninduzierte Kristallisation des Polyisoprens fördern. Währen der Entwicklungsphase führten Röntgenuntersuchungen zur Kristallisation am Fraunhofer IMWS und Abriebtests am µTC zur Identifikation der optimalen Zusammenstellung des Elastomerkomposits. Der biomimetische Synthesekautschuk reicht im Labor an die Eigenschaften des Naturkautschuks heran. 

In einem abschließenden Test wurden PKW Reifen mit Laufflächen aus Naturkautschuk und aus „BISYKA“-Kautschuk hergestellt und in ihrem Einsatzverhalten durch das „Prüflabor Nord“ verglichen. Der Reifen aus BISYKA-Kautschuk konnte in allen Bewertungspunkten bessere Befunde aufweisen. 

Das µTC hat das Projekt „BISYKA“ genutzt, um Abriebtests für Elastomere zu entwickeln, die auf sondierende Untersuchungen während der Entwicklungsphase eines Elastomerkomposits zugeschnitten sind. Mit dem entwickelten Versuchsaufbau ist es möglich, auch an kleinen Proben den Verschleiß zu messen.

https://www.polymer-pilotanlagen.de/de/leistungen/bisyka-kautschuk.html

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